Enrico de Agostini, der italienische Generalkonsul Münchens: "Die Ausstellung 'Samnium und die Samniten' ist die größte archäologische Ausstellung, die jemals dem antiken Volk der Samniten gewidmet worden ist."
"Die Ausstellung Samnium und die Samniten, die noch bis zum 25. September 2022 in den Staatlichen Antikensammlungen München zu sehen ist, ist die größte und wichtigste archäologische Ausstellung, die jemals dem antiken Volk der Samniten gewidmet wurde, nicht nur im Ausland, sondern auch in Italien", erklärt Enrico de Agostini, Generalkonsul von Italien in München und Initiator der Ausstellung. Und das nicht nur wegen der außergewöhnlichen Funde, die es beherbergt, wie die äußerst seltenen Tafeln in oskanischer Sprache - einer vorrömischen italischen Sprache -, die tabula alimentaria der Bebiani-Ligurer und die kostbare Vase des Assteras, sondern auch wegen der engen Zusammenarbeit mit angesehenen Kultureinrichtungen wie dem British Museum und anderen wichtigen italienischen Museen, darunter die von Rom, Neapel, Benevento, Montesarchio, Campobasso, Alfedena und Melfi".
In München, oft als die nördlichste Stadt Italiens bezeichnet, ist diese Ausstellung auch wichtig, weil sie eine noch wenig bekannte Nische Italiens sowie ein stolzes Volk vorstellt, welches, wie der Titel der Ausstellung in Erinnerung ruft, der letzte italienische Rivale der alten Römer war. "Die Samniten sind historisch immer vernachlässigt worden, weil sie ein besiegtes Volk waren, obwohl sie Rom das Leben schwer gemacht haben", bestätigt der Generalkonsul, "erst in jüngster Zeit sind sie in größerem Umfang wiederentdeckt worden. Wir dürfen nicht vergessen, dass es in München Bezüge zur italienischen Kultur gibt, die sehr präsent und tief in der Stadtplanung verwurzelt sind. Daher muss eine Ausstellung in der Lage sein, den Münchnern etwas Neues und Interessantes zu bieten, indem sie vielleicht wenig bekannte Nischen in Italien aufzeigt, sowohl historisch als auch in Bezug auf den Tourismus".
Die Idee der Ausstellung enstand 2019 und schaffte es sich trotz der durch die Pandemie erzwungenen Schließung zu konkretisieren. "Als ich die Staatlichen Antikensammlungen besuchte, genoss ich gleich nach meiner Ankunft hier in München eine Führung mit dem Direktor Dr. Florian Knauß, bei der er mir wunderschöne Sammlungen aus der Magna Graecia, Etrurien und so weiter zeigte. Zum Schluss, fragte ich ihn, warum es keine Exponate über die Samniten gab, da meine Familie aus diesem Gebiet stammte. Ich selbst muss jedoch zugeben, dass ich nicht sicher war, ob es genug wertvolle Objekte gab, um sie in einer archäologischen Ausstellung zusammenzufassen. Aber nach diesem Tag begann ich, mich bei Bekannten in der Soprintendenza ( dem Landesdenkmalamt) über die Gegend zu informieren. Sie schlugen mir das Konzept einer Ausstellung über die Entwicklung der Kunst im Sannio von der Antike bis ins 18 Jahrhundert vor. Ich habe den Vorschlag an die beiden Direktoren der Staatlichen Antikensammlungen weitergeleitet, aber die waren anfangs skeptisch, zumal es sich um ein Museum für antike Kunst handelt. Um sie davon zu überzeugen, habe ich sie für ein Wochenende ins Sannio mitgenommen, damit sie sich selbst ein Bild von den Exponaten in den örtlichen Museen machen konnten: bei ihrer Rückkehr sagten sie Ja! All dies geschah im Februar 2020, kurz vor dem Ausbruch der Pandemie. Wäre all dies nur ein paar Tage später passeirt, wäre ich wahrscheinlich nicht hier, um diese Ausstellung zu präsentieren".
Neben der Geschichte des Konflikts mit Rom zeigt die Ausstellung auch ein weiteres wichtiges Artefakt, das die Romanisierung des Samnium bezeugt: die tabula alimentaria der sogennanten Liguri bebiani. "Die Ligurer waren auch Teil des Prozesses, der zur Romanisierung der samnitischen Gebiete führte", erklärt der Konsul. "Im 2. Jahrhundert v. Chr. gelang es den Römern, sie zu besiegen und 47.000 von ihnen, darunter Männer, Frauen und Kinder, wurden aus den Apuanischen Alpen ins Sannio deportiert. Einige Zeit später, im Jahr 101 v. Chr., ließ Kaiser Traiano eine Anleihe zugunsten der mittellosen Kinder der ligurischen Ländereien gewähren, und für diese Anleihe wurde ein Bankdokument auf einer Bronzetafel verfasst, die tabula alimentaria eben, ein Bronzeartefakt von außerordentlicher Bedeutung, das der wichtigste epigraphische Text nicht nur von Benevento, sondern von ganz Süditalien ist. Es war mein Ururgroßvater Giosuè De Agostini, der 1832 diese Bronzetafel entdeckte, und deshalb war es mir ein besonderes Anliegen, dass sie als Abschluss eines Prozesses hierher gelangt: der Romanisierung und damit der Verschmelzung verschiedener Völker durch die Römer. Nach der Entdeckung dieses wertvollen Artefakts begann mein Vorfahre einen Dialog mit den Gelehrten der damaligen Zeit. Darunter der große deutsche Archäologe Theodor Mommsen, der nach Campolattaro kam: meine Familie bewahrt noch heute den Briefwechsel zwischen ihm und meinem Ururgroßvater auf, der später Ehrenmitglied der deutschen archäologischen Gesellschaft wurde."
„Zu den wertvollsten Exponaten der Ausstellung gehört der Assteas-Krater mit der Darstellung des ratto d'Europa: es wurde im 4. Jahrhundert v. Chr. von dem berühmten Töpfer Assteas aus Paestum hergestellt und gilt für viele, als eine der schönsten Vasen der Welt. Die Ausstellung wird auch durch sehr seltene und wertvolle Tafeln in osmanischer Sprache bereichert“.
Hinter der Ausstellung Il Sannio e i Sanniti (Samnium und die Samniten) verbirgt sich, neben dem historischen und dokumentarischen Aspekt, auch eine integrierte Werbeabsicht für das Gebiet des Sannio, das zwischen Molise, Abruzzen und Kampanien liegt. "Diese Ausstellung soll auch der deutschen Öffentlichkeit einen Anreiz geben, diese schöne Gegend zu besuchen. Deshalb wurde in Zusammenarbeit mit ENIT auch eine Pressereise organisiert, bei der fünf Journalisten wichtiger deutscher Zeitungen Sannio besichtigen konnten. Diese Aktion hatte vor Ort ein derartiges Echo, dass sich mehrere Unternehmen und Institutionen dazu entschlossen, sie zu unterstützen, da sie die Bedeutung der Förderung ihrer Produkte und Gebiete auf ausländischen Märkten erkannt hatten. Es war eine wunderbare Initiative, die alle Erwartungen übertroffen hat: Sannio entdeckt sich selbst neu! Ganz abgesehen davon, dass nicht wenige Menschen aus Sannio nach Bayern kommen werden, um die Ausstellung zu sehen: ein weiterer Rücklaufeffekt der Aktion".
Übersetzung von Matilda Madonna