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Ausstellung zeitgenössischer Kunst "Saluti da Capri! Un’isola tra idillio e turismo"

Ausstellung zeitgenössischer Kunst "Saluti da Capri! Un’isola tra idillio e turismo"

Grüße aus Capri! Eine Insel zwischen Idylle und Tourismus

In der kleinen, aber charmanten Neuen Galerie in Dachau wurde die Ausstellung Saluti da Capri! am 16. September 2022 eröffnet und wird bis zum 12. März 2023 zu sehen sein.

Wie stellen Sie sich Capri vor? Die Insel im kampanischen Archipel, bekannt für ihre außergewöhnliche Naturschönheit, blickt auf eine Jahrtausende alte Geschichte zurück: seit der Altsteinzeit besiedelt, erlebte sie griechische Herrschaft und spielte eine entscheidende Rolle in der Römerzeit, als Tiberius sie zu seiner Residenz machte. Nachdem sie lange Zeit von Piraten und vorbeiziehenden Armeen umkämpft wurde, vor allem von Franzosen und Engländern in der napoleonischen Ära, begann sie Mitte des 19. Jahrhundert zum touristischen Ziel zu werden, als eine der Stationen des Grand Tour.

 

Ausstellung zeitgenössischer Kunst "Saluti da Capri! Un’isola tra idillio e turismo"

Die Ausstellung “Saluti da Capri! Eine Insel zwischen Idylle und Tourismus” versucht, einen Überblick über die verschiedenen Facetten der Insel zu geben, die heute als Urlaubsort in aller Welt berühmt ist. D Die von Dr. Jutta Mannes kuratierte Ausstellung umfasst Fotografien von Raffaela Mariniello, Klaus Frahm und Enrico Desiderio und wird durch eine Skulptur von Gianluca Federico und eine Klanginstallation von Bruno Flavio bereichert.

Wir haben die Ausstellung unter der wertvollen Führung von Annarita Ciccolini-Marschall besucht, die für die Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit des interkommunalen Zweckverbands Dachauer Galerien und Museen zuständig ist, zu dem die Gemäldegalerie, die Neue Galerie für zeitgenössische Kunst und das Bezirksmuseum gehören.

 

Ausstellung zeitgenössischer Kunst "Saluti da Capri! Un’isola tra idillio e turismo"

Annarita erklärte uns die ausgestellten Werke im Detail: “Die Lightbox Saluti da Capri von Raffaella Mariniello  heißt die Besucher willkommen und stellt das berühmte Bild der Faraglioni neu vor. Ziel der Ausstellung ist es Capri nicht nur als die [Insel] der Touristen zu präsentieren, sondern auch der Isolani (Inselbewohner), die dort mit dem sommerlichen Massentourismus leben müssen, der zwar Reichtum aber auch starke Probleme mit sich bringt. Der Tourismus auf Capri hat sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt; erst seit dem Zweiten Weltkrieg hat sich der Sommertourismus durchgesetzt. Früher wurde die Insel wegen ihres milden Klimas im Winter von Menschen aus Nordeuropa aufgesucht. Aufgrund des Klimawandels und des Anstiegs der Luftfeuchtigkeit wurden die Winteraufenthalte immer unangenehmer. Der derzeitige Tourismus, so wurde mir von den bei der Einweihung anwesenden Einwohnern Capris gesagt, führt die Insel jedoch in den Ruin. Die Insel wird in der Tat innerhalb kürzester Zeit von Millionen von Besuchern belagert und obwohl sich die Unterkunftsstruktur noch halten kann, muss sich etwas ändern, wenn wir zu einer nachhaltigeren Form des Tourismus zurückkehren wollen". 

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Raffaela Mariniello ist eine neapolitanische Fotografin, die sich überwiegend um urbane Landschaften und ihre Veränderungen sowie auf die Beziehung zwischen Mensch, Alltag und Natur konzentriert. “Mariniello ist eine der zentralen Künstler*Innen der Ausstellung. Mit dem Foto aus der Eremitage haben wir es mit einem ikonischen Foto zu tun, das beim Publikum unserer Ausstellung besonders beliebt ist", erklärte Annarita. “Es handelt sich um ein Observatorium auf einer Landzunge Capris, in dem man sehr gut die Spuren der Touristen sehen kann. Ein verlassener Ort, gekennzeichnet von der Unhöflichkeit der Menschen, überall Graffiti und Kritzeleien, aber durch die Bögen ist es möglich, die Schönheit der Natur und die im Nebel verhüllten Faraglioni zu sehen. Die Spuren des Menschen kommen und kratzen alles an, aber sie kratzen nicht am Wunder der Landschaft".

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Das Foto gehört zur Serie Capri Teorema, die 32 Fotos umfasst, von denen noch weitere Aufnahmen zu sehen sind. "Die Serie wurde 2016 von einer kulturellen Organisation auf Capri in Auftrag gegeben. Um es zu realisieren, verbrachte Mariniello mehrere Wochen auf der Insel, um die zu fotografierenden Motive auszuwählen. Sie hat sich dafür entschieden, die weniger konventionellen Ansichten darzustellen, Orte, die im Allgemeinen den Touristen nicht gezeigt werden, weil sie unzugänglich sind, oder Winterbilder, wenn keine Touristen auf der Insel sind. So sieht man in Gradola, einem Ort in der Nähe der Grotta Azzurra, die kahle Terrasse eines verlassenen Restaurants, oder den Hafen mit Fischernetzen, die bei Regen mit Decken abgedeckt werden, die Bugspitzen umgestürzter Kanus, die im Unterstand aufgestapelten Holzpfähle, die normalerweise im Sommer für die Struktur von Restaurantterrassen verwendet werden, oder die Ketten, die zum Säubern aus dem Meer geholt werden. Auffallend und ungewöhnlich ist das Bild einer römischen Mauer [...] ganz in der Nähe, wo Touristen tauchen, ohne [sie] zu bemerken. Diese Bilder sehen fast wie Gemälde aus, dank des Lichtspiels, das durch Blitze geschickt erzeugt wird. Sie nimmt ihre Bilder entweder morgens in der Morgendämmerung oder abends in der Abenddämmerung auf, um diese fast magischen Lichteffekte zu erzeugen, die manchmal ein Gefühl von Bewegung vermitteln".

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In der Ausstellung sind auch einige Aufnahmen aus der Serie Souvenirs d'Italie zu sehen, die aus 15 Fotografien besteht, die Mariniello zwischen 2006 und 2011 aufgenommen hat und die die Etappen des Grand Tour nachzeichnen, aber ihre Bedeutung umkehren. Die Künstlerin stellt traditionelle Orte wieder vor, die fast zu Bühnenbildern reduziert sind und von kitschigen Symbolen der Moderne erdrückt werden: "Wir sehen verschiedene italienische Städte mit ihren charakteristischen Schönheiten, historischen Zentren und Monumenten, die Piazza del Duomo in Mailand, Neapel, Capri, das Kolosseum in Rom. An jedem dieser Orte steht ein Symbol der Modernität im Vordergrund. Auf Capri sehen wir einen Büffel aus Kampanien, der im Rahmen der Kunstaktion Cow Parade geschaffen wurde, einer großen Ausstellung zeitgenössischer Kunst unter freiem Himmel, deren Kunstwerke perfekte, lebensgroße Kopien des beliebten Rindes aus Fiberglas sind. Sie sind von Künstlern signiert, die sie in einen Ausdruck moderner Kunst verwandelt haben, und stellen eine künstlerische Provokation dar, die zu einem originellen Element der städtischen Dekoration wird, indem sie den üblichen musealen Rahmen sprengt und die Beziehung zwischen Stadt und Stadtgestaltung fördert. Hier ist die Kuh am Hafen von Capri, wo Boote zur Grotta Azzurra ablegen. Auf den Fotos von Souvenirs d'Italie sehen wir die Symbole der Moderne, manchmal etwas kitschig, wie den Weihnachtsbaum, die Kuh, drei leuchtende Kuppeln oder den Wagen eines Straßenhändlers, die den historischen Zentren die Schau stehlen. Mariniello wollte wirklich einen Kontrast zwischen Modernität und traditioneller Schönheit schaffen".

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Klaus Frahm, der einzige deutsche Künstler der Ausstellung, hat Anthropologie und Journalismus studiert und arbeitet als Architekturfotograf, mit starkem Fokus auf politische, ethische und soziale Angelegenheiten. “1999” erzählt uns Annarita, “hatte Frahm die Ehre gehabt, die Serie La Casa zu realisieren, Fotos der Villa des Schriftstellers Curzio Malaparte in Punta Masullo auf Capri”. Malaparte, Künstlername von Curt Erich Suckert, war ein erst faschistischer, dann antifaschistischer Schriftsteller und Intellektueller. Dank seiner Freundschaft mit Ciano gelang es ihm, diese Villa zwischen 1938 und 1940 an einem als unantastbar geltenden Ort errichten zu lassen. "Das sind atemberaubende Bilder", kommentiert Annarita, "hier haben wir ein Bild aus dem Inneren, das einen wunderbaren Blick auf die Insel mit der traurigen und strengen Architektur der Villa selbst kontrastiert. Das von dem Schriftsteller selbst entworfene Gebäude wurde von Malaparte als Casa come me (Haus wie ich) bezeichnet, der es als "ein steinernes Porträt von ihm" bezeichnete. Es gibt viele Anspielungen, z. B. die Farbe der Villa, die man auf den Schwarz-Weiß-Fotos nicht sieht, ist pompejanisch rot, was mit den Sympathien des Schriftstellers für die kommunistische Partei zusammenhängt. Das Sonnendach der Villa hat eine Segelwand, und die Form der Wand, von oben gesehen, im Gegensatz zum Dach, bildet Hammer und Sichel. Nach verschiedenen Besitzerwechsel wird die Villa heute von einem Kulturinstitut in Florenz verwaltet und kann nicht von der Öffentlichkeit besichtigt werden. Der Fotograf konnte diese Fotos anlässlich des 100. Geburtstages von Curzio Malaparte nach Renovierungsarbeiten machen. Die Serie, bestehend aus 38 Aufnahmen, wurde für die Zeitschrift Architektur und Wohnen gemacht”. Von demselben Künstler sind auch einige Farbaufnahmen aus der Panorama-Serie zu sehen.

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In der Ausstellung sind auch einige Schnappschüsse des Fotografen Enrico Desiderio, der auf Capri arbeitet und lebt, inbegriffen. Er ist seit seiner Jugend ein Liebhaber der Fotografie und auch Experte für Unterwasserfotografie. Seit Jahren arbeitet er für das internationale Magazin Capri Review. "Desiderio hat sich entschieden, das Capri der Inselbewohner zu repräsentieren", sagte uns Annarita, "er ist nicht an touristischen Motiven interessiert, sondern an der authentischen Seele Capris. Wir sehen in seinen Aufnahmen einen Fischer, der seine Netze repariert, die Natur, das Meer. Das Foto Limitless, das großer Erfolg feierte, zeigt eine Megayacht, die zum Zeitpunkt des Fotos (2009) eine der größten der Welt war, es ist sehr eindrucksvoll. Diesem Symbol des Tourismus sind die Faraglioni überlagert. Eine Aufnahme, die ihm sehr am Herzen liegt, ist Amore, eine Begegnung zweier einfacher Menschen. Es geht also nicht nur um Konsum und Massentourismus, sondern um das normale Leben der Menschen, die sich auf der Insel treffen und dort leben, und die in ihrem täglichen Leben porträtiert werden. Das Foto mit Capri im Winter ist bemerkenswert, die Schlange der Menschen, die an einem regnerischen Tag auf die Seilbahn warten".

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Eine sozusagen ‘sprechende’ Postkarte,, die die Besucher*Innen überrascht und sie in die Klänge der Insel eintauchen lässt. Es handelt sich um eine Klanginstallation von Bruno Flavio, Präsident des Vereins Polis 3.0, der sich um die Förderung kultureller Veranstaltungen kümmert. Bruno Flavio verfügt über zahlreiche Erfahrungen als künstlerischer Leiter von Schauen und Ausstellungen auf Capri, wo er lebt und auch das Kulturzentrum Emporium Capri leitet. "Die Klanginstallation Una settimana a Capri (Eine Woche auf Capri)", erklärt Annarita, "entstand durch die Aufnahme von Stimmen, Geräuschen und Klängen an verschiedenen Orten der Insel. Bruno Flavio hat daraus eine 20-minütige Collage gemacht, in der man die Touristen am Strand, das Läuten der Glocke der Hauptkirche und am Ende das Schließen der Türen der Standseilbahn nach dem Einsteigen der Touristen hören kann. Es gibt uns definitiv einen Einblick in das Leben auf der Insel”.

Einer der Höhepunkte der Ausstellung ist die Installation von Gianluca Federico. "Diese Installation", so Annarita, "entstand hier am 16. September, als die Künstler mit einigen Onjekten in ihren Koffern aus Capri kamen. Andere Objekte waren bereits verschickt worden, aber die Realisierung und Konzeption des Werkes, die sich auch auf die Räume stützt, in denen es untergebracht ist, wurde hier geboren. Der Künstler ließ sich von den Ausstellungsräumen und der Umgebung inspirieren. Das Werk trägt den Titel The Balance. Gianluca Federico nennt sich selbst einen handwerklichen Künstler".

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"Gianluca Federico, ein Caprese seit acht Generationen, hat ein Geschäft in der Via Madonna delle Grazie auf Capri und stellt kleine Keramikobjekte her, wie die kleinen Keramikfische, die wir in diesem Werk sehen. Sie sind kleine, individuelle Souvenirs für diejenigen, die ein Stück Capri mitnehmen möchten. Die Wahl des Namens "Equilibrio" (Gleichgewicht) hängt damit zusammen, dass es sich um ein mehr oder weniger perfektes Gleichgewicht zwischen Natur und Mensch handelt. Es gibt verschiedene Elemente der Fauna und Flora, wie den Tintenfisch, den Thunfisch, den Seestern, und dann sind da noch die Spuren des Menschen, das aus dem Meer gefischte Plastik, der Reiseführer aus den 1970er Jahren - deutsche Ausgabe -, das Gemälde eines berühmten Fischers von Capri. Es gibt viele Symbole: die Qualle, die für die Sauberkeit des Meeres steht, der Oktopus, der das intelligenteste Tier ist und sich deshalb über der Installation befindet, der Nautilus, der aufgrund seiner Form den goldenen Schnitt, die perfekte Form, symbolisiert, der Thunfisch mit halb geöffnetem Maul, der hungrig ist, aber obwohl es in der Nähe kleinere Fische gibt, die er fressen könnte, ist er nicht interessiert, weil er nach etwas anderem strebt".

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"Die Steine am Boden stammen von der Insel Capri, ebenso wie das Holz, das aus dem Meer gefischt und somit auf natürliche Weise vom Wasser bearbeitet wurde. Weitere Symbole sind das Horn des Aberglaubens - eine Neuinterpretation aus den 1970er Jahren, die mit einer alten Krawatte geschaffen wurde, die zur Abdeckung des Horns diente; die unzertrennlichen Papageien, die ihr Leben lang immer paarweise reisen, stehen für die Luft; der Globus steht für die perfekte Form, die Kugel und die Welt; der Kalligraphiepinsel symbolisiert die Bedeutung der Schrift. Die blaue Eidechse ist eine Eidechsenart, die nur auf Capri vorkommt und auf dem Gipfel des höchsten Faraglione lebt. Wir haben also verschiedene Symbole der Natur und des Menschen, die aber alle mit der Insel Capri verbunden sind".

Ein besonderes Erlebnis, einen Blick auf eine italienische Insel in Dachau werfen zu können, das wir Ihnen empfehlen. Viel Spaß bei der Ausstellung!